Die Entziehung der Fahrerlaubnis begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, wenn die Fahrerlaubnis entzogen wird, nachdem der Betroffene nach drei Geschwindigkeitsüberschreitungen das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten (MPU) nicht vorlegt.
VG Neustadt vom 21.03.2017, Az. 3 L 293/17.NW
Der Betroffene ist seit dem Jahr 2008 im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse B. Im Zeitraum von knapp über einem Jahr wurden drei Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt:
- Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 34 km/h nach Toleranzabzug
- Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h nach Toleranzabzug
- Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 56 km/h nach Toleranzabzug
Daraufhin wurde von dem Betroffenen verlangt, ein Gutachten einer amtlich anerkannten medizinisch-psychologischen Untersuchungsstelle vorzulegen, um bestehende Zweifel an der Fahreignung auszuräumen.
Da der Betroffene dieses Gutachten nicht vorlegte, wurde ihm die Fahrerlaubnis mit Bescheid entzogen und die sofortige Vollziehung angeordnet.
Dagegen legte der Betroffene Widerspruch ein und suchte vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz. Der Betroffene hält die Anordnung zur Beibringung eines MPG für unverhältnismäßig, da zwei Übertretungen im unteren Bereich liegen und kein Fall eines wiederholten und erheblichen, gegen verkehrsrechtliche Vorschriften eingetretenen Verstoß vorliegt, der etwa seine Kraftfahreignung in Frage stelle.
Die Anordnung des medizinisch-psychologischen Gutachtens ist rechtswidrig!!!
Die auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) gestützte Gutachtenanforderung ist rechtswidrig! Die Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV steht im Spannungsverhältnis zu § 4 StVG. Schließlich habe die Fahrerlaubnisbehörde zum Schutz vor Gefahren, die von wiederholt gegen Verkehrsvorschriften verstoßenden Fahrzeugführern ausgingen, die in § 4 Abs. 5 StVG niedergelegten Maßnahmen zu ergreifen:
a)Speicherung von Punkten im Fahreignungsregister
b)Ermahnung
c)Verwarnung
d)Entziehung der Fahrerlaubnis.
Dieses Fahreignungs-Bewertungssystem beinhalte die Bewertung von Verkehrszuwiderhandlungen mit einer nach Art und Schwere der Verstöße festgelegten Punktezahl und das Ergreifen abgestufter Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörde bei Erreichen oder Überschreiten bestimmter Punkteschwellen.
Wenn die Fahrerlaubnisbehörde von diesen Maßnahmen abweichen möchte, muss präzise begründet werden, warum aus besonderen Gründen des Einzelfalls, sich dieser Fall erheblich vom Normalfall anderer „Punktesünder“ abhebt und einer Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Kraftfahrers oder wegen der Art sowie Häufigkeit es unerlässlich ist, diese Fahreignungsbedenken sofort durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu klären.
Da diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind, greift das Regime des Fahreignungs-Bewertungssystems nach § 4 StVG. Danach sei der Betroffene zu ermahnen, dass zu seinen Lasten im Fahreignungsregister vier Punkte eingetragen sind.
Rechtsanwalt Rothholz – Kanzlei für Verkehrsrecht – berät und vertritt bei Fahrerlaubnisentziehungen