Wechselt ein Kraftfahrzeug den Fahrstreifen, so muss sich der Fahrer des ausscherenden Fahrzeugs so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Dabei spricht der Anscheinsbeweis dafür, dass das ausscherende Fahrzeug die Pflicht aus § 7 Abs. 5 StVO verletzt hat, wenn es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel zu einem Unfall kommt. Hierbei trifft den ausscherenden Fahrzeugführer die Alleinschuld. Dies gilt auch beim Fahrspurwechsel nach dem sog. „Reißverschlussverfahren“.

AG Hamburg vom 30.07.2015, Az.: 32 C 4/15

Gemäß § 7 Abs. 5 StVO hat sich der Fahrer des ausscherenden Fahrzeug so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Aus der Regelung dieser absoluten Sorgfaltspflicht folgert die überwiegende Rechtsprechung einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass der Beweis des ersten Anscheins dafür spricht, dass diese Sorgfaltspflicht verletzt wurde, wenn es im örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrstreifenwechsel zu einem Unfall gekommen ist.

Wie kann ein Anscheinsbeweis wiederlegt werden?

Wenn bei einem Verkehrsunfall ein Anscheinsbeweis zum Tragen kommt, bedeutet dies grundsätzlich nicht, dass dieser nicht erschüttert werden kann. Der Beweis des ersten Anscheins als Ausprägung der richterlichen Überzeugung (§ 286 ZPO) kann erschüttert werden, wenn die dadurch belastete Person die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs dargetan und die dafür erforderliche Tatsache bewiesen hat (BGH vom 13.02.2007, Az.: 6 ZR 58/06).

Gilt der Anscheinsbeweis bei Reißverschlussverfahren?

Der häufig verbreitete Irrglaube, dass das im Reißverschlussverfahren ausscherende bzw. einscherende Fahrzeug privilegiert wäre, stimmt nicht. Auch das im Reisverschlussverfahren ausscherende bzw. einscherende Fahrzeug führt einen klassischen Fahrstreifenwechsel durch. Bei Reißverschlussverfahren finden die Grundsätze des Anscheinsbeweises grundsätzlich Anwendung. Im Ergebnis sollte beim Spurwechsel geblinkt, in den Seitenspiegel geschaut und ein Schulterblick durchgeführt werden.

Rechtsanwalt Rothholz – Kanzlei für Verkehrsrecht in Berlin – berät und vertritt Sie bei der Verkehrsunfallregulierung.