Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall – Ist eine Berührung der Fahrzeuge erforderlich? Abwehr- und Ausweichreaktionen des geschädigten Verkehrsteilnehmers.
Der Schadensersatzanspruch aus einem Verkehrsunfall kommt nur in Betracht, wenn sich die Verletzung gemäß §7 Abs. 1 StVG bei dem Betrieb des Fahrzeugs ereignet. Dabei muss dieses Fahrzeug durch seine Fahrweise zum Entstehen des Unfalls beitragen. Eine Berührung der Fahrzeuge ist nicht erforderlich, es genügt auch, wenn der andere Verkehrsteilnehmer sich durch den Betrieb des Fahrzeugs erschreckt, ausweicht und stürzt, sofern die Abwehr- und Ausweichreaktion des geschädigten Verkehrsteilnehmers aus seiner Sicht des konkreten Verkehrsgeschehens vor dem Unfall subjektiv vertretbar scheint.
LG Münster vom 18.12.2015, Az. 15 O 90/15
Das Tatbestandsmerkmal des §7 Abs. 1 StVG setzt einen Unfall „bei Betrieb“ des Kraftfahrzeugs voraus, mithin muss die Unfallursache im Betrieb dieses Fahrzeugs liegen (vgl. BGH vom 04.05.1976, Az. VI ZR 193/74). Die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kraftfahrzeugs an der Stelle, an der es zum Unfall kam, rechtfertigt noch nicht die Annahme, der Unfall sei bei dem Betrieb dieses Fahrzeugs entstanden. Vielmehr muss dieses Fahrzeug durch seine Fahrweise zum Entstehen des Unfalls beigetragen haben.
Entscheidend ist schließlich, ob das geführte Fahrzeug irgendein Verursachungsbeitrag am Schadensereignis hat. Dabei genügt, wenn sich eine vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensereignis in dieser Weise mitgeprägt hat.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Haftung aus Betriebsgefahr auch bei fehlender Berührung von zwei Verkehrsteilnehmern möglich ist, beispielsweise wenn sich jemand erschreckt und dann etwa ausweicht und stürzt (vgl. BGH vom 26.04.2005, Az. VI ZR 168/04). Diese Abwehr- und Ausweichreaktion kann selbst dann dem Betrieb des Kfz zugerechnet werden, das diese Reaktion ausgelöst hat, wenn diese objektiv nicht erforderlich war. Es ist aber stets aufgrund einer gebotenen Betrachtung des Schadensereignisses die Feststellung erforderlich, dass diese Reaktion des geschädigten Verkehrsteilnehmers –aus seiner Sicht des konkreten Verkehrsgeschehens vor dem Unfall- subjektiv vertretbar erscheint. Dazu müssen Anhaltspunkte vorliegen, dass das Verhalten des in Anspruch genommenen subjektiv zur Befürchtung hätte Anlass geben können, es werde ohne seine Reaktion zu einer Kollision mit dem anderen Verkehrsteilnehmers kommen.
Rechtsanwalt Rothholz berät und vertritt Sie gerne im Rahmen der Verkehrsunfallregulierung bei Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen nach einem Verkehrsunfall.