Vorläufige Fahrerlaubnisentziehung gemäß §111a Abs. 1 StPO: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort und die Wertgrenze des §69 Abs. 2 Nr. 3 StGB

Hat der Fahrzeugführer der Verkehrsunfall bemerkt und sich dann, ohne seiner Wartepflicht nachzukommen, vom Unfallort entfernt, hat er vorsätzlich den Tatbestand des §142 StGB verwirklicht. Für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß §111a Abs. 1 StPO ist jedoch erforderlich, dass dringende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass die Fahrerlaubnis nach §69 StGB endgültig entzogen wird. Hierzu ist neben dem dringenden Tatverdacht des §142 StGB erforderlich, dass der Fahrzeugführer wusste oder vorwerfbar nicht wusste, dass bei dem Verkehrsunfall ein bedeutender Schaden entstanden ist, vgl. §69 Abs. 2 Nr. 4 StGB. Dabei ist die Wertgrenze eines bedeutenden Sachschadens, in Anknüpfung an die Rechtsprechung des §315 c StGB, ab 1300,00 € überschritten.

LG Krefeld vom 23.03.2016, Az.: 21 Q 47/16

Dem Beschuldigten wurde gemäß §111a Abs. 1 StPO die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Auf die Beschwerde des Beschuldigten wurde dieser Beschluss durch das Landgericht aufgehoben. Der Beschuldigte hat selbst eingeräumt, den Unfall bemerkt zu haben, mithin ohne der Wartepflicht nachzukommen, sich vom Unfallort entfernt zu haben. Der Tatbestand des §142 StGB war nach der Einlassung des Beschuldigten offensichtlich erfüllt.

Das Landgericht konnte aber die weiteren Voraussetzungen des §69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht als erfüllt ansehen. Danach ist neben dem dringenden Tatverdacht des §142 STGB erforderlich, dass der Täter gewusst hatte oder vorwerfbar nicht wusste, dass bei dem Unfall ein bedeutender Sachschaden entstanden ist.

Aus der nachträglichen Feststellung eines bedeutenden Schadens (Sachverständigengutachten) ergibt sich nicht ohne weiteres, dass dieser auch der Höhe nach bei laienhafter Betrachtung erkennbar war. Entscheidend ist, ob der Unfallflüchtige die objektiven Umstände erkennen konnte, die die rechtliche Bewertung des Schadens als bedeutend begründen. Ergeben sich aus den gefertigten Lichtbildern lediglich Farbabriebe und geringe Beschädigungen, gilt besonders vor dem Hintergrund, wenn zum Tatzeitpunkt Dunkelheit herrschte und selbst die Polizeibeamten den Schaden am Unfallort auf ungefähr 700 € schätzen, keine dringenden Gründen für die Annahme einer endgültigen Fahrerlaubnisentziehung. Dabei wird derzeit von einem erheblichen Sachschaden ab einer Wertgrenze von 1300 €, in Anlehnung an die Rechtsprechung des §315c StGB, ausgegangen.

Die Rechtsanwaltskanzlei Rothholz – Verkehrsrecht und Strafrecht – in Berlin berät und vertritt Sie beim Tatvorwurf des Unerlaubten Entfernens vom Unfallort und der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis im Verkehrsstrafrecht.