Anforderungen an die Feststellung gemäß §315 c StGB.
Der Angeklagte befuhr mit seinem Pkw in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand eine Feldstraße mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,86 Promille, wo er mit einem abgeparkten Pkw kollidierte. Anschließend setzte der Angeklagte zurück und entfernte sich in Fahrtrichtung vom Unfallort.
Entscheidung des Amtsgerichts
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr verurteilt.
OLG Düsseldorf vom 21.10.2016, Az. III-1 RVs 93/16
Das Revisionsgericht hat das angefochtene Urteil aufgehoben.
Die Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilung wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß §315 c Abs. 1 Nr. 1a) und Abs. 3 und 2 StGB nicht. Das Amtsgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass der Angeklagte aufgrund seiner Alkoholisierung absolut fahruntüchtig war. Aus der Urteilsbegründung lässt sich aber nicht entnehmen, dass infolgedessen Leib oder Leben eines anderen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet worden sind. Dabei setzt der Tatbestand des §315 c StGB eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderes oder fremder Sachen von bedeutendem Wert voraus.
Bei der Prüfung, ob einer fremden Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat, sind zwei Prüfungsschritte erforderlich:
a)handelt es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert
(bei ältere und vorgeschädigten Fahrzeugen bereits fraglich)
b)und ob dieser Sache von bedeutendem Wert auch ein bedeutender Schaden gedroht hat,
wobei ein tatsächlich entstandener Schaden geringer sein kann (entscheidend sog. Gefährdungsschaden)
Diese Feststellung hat das Amtsgericht bereits nicht getroffen.
Auch die Feststellungen des Amtsgerichts wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr gemäß §316 Abs. 1 StGB tragen die Verurteilung nicht. Das Amtsgericht hat schlichtweg keinerlei Feststellungen zur Schuldform getroffen. Nach einhelliger Rechtsprechung der Oberlandesgerichte kann die vorsätzliche Deliktsbegehung bei einer Trunkenheitsfahrt nicht bereits aus einer hohen Blutalkoholkonzentration des Täters zur Tatzeit (Blutalkoholkonzentration von 1,86 Promille) geschlossen werden. Mit fortschreitender Alkoholisierung nimmt die Kritik-, Erkenntnis- und Selbsteinschätzungsfähigkeit der betroffenen Person im allgemeinen ab, sodass kein Erfahrungssatz existiert, dass derjenige, der erhebliche Mengen Alkohol getrunken hat, seine Fahruntüchtigkeit erkennt, insbesondere die Ausfallerscheinungen bewusst wahrnimmt. Für die Begründung des Vorsatzes bedarf e der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Täterpersönlichkeit und der Trinkgewohnheiten.
Rechtsanwalt Rothholz berät und vertritt Sie gerne im Verkehrsstrafrecht bei Trunkenheit im Verkehr gemäß §316 StGB und Gefährdung des Straßenverkehrs gemäß §315 c StGB.